Entwicklungshilfegelder dürfen Klimakrise nicht befeuern

Donnerstag, 11. März 2021

Trotz möglicher Klimaschäden hält Bundesentwicklungsminister Gerd Müller an dem von seinem Haus beauftragten Projekt zur Nutzung von Busch-Biomasse unverändert fest. Sein Ministerium antwortete jetzt ausführlich, aber ausweichend auf die Kritik von 40 deutschen und internationalen umwelt- und entwicklungspolitischen Organisationen sowie Akteur*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung und Wissenschaftler*innen, die diese in einem offenen Brief formuliert hatten.

Die Auseinandersetzung dreht sich um das Projekt „Nutzung von Busch-Biomasse“, das die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Namibia durchführt. Nach Angaben der GIZ ist es Ziel des Vorhabens, die „wirtschaftliche Nutzung von Biomasse aus der kontrollierten Entbuschung von Weideflächen zu verbessern“. Mindestens ein Drittel der Landesfläche Namibias hält die GIZ für „verbuscht“.

Das Entwicklungsministerium behauptet nun, „die Nutzung namibischer Busch-Biomasse in deutschen Kraftwerken oder die Exportförderung von Busch-Biomasse seien keine Ziele des Vorhabens“. Das verschleiert, was tatsächlich passiert. Denn zugleich treibt die GIZ eine sogenannte „Transkontinentale Biomasse-Partnerschaft Namibia-Hamburg“ voran und wirbt dafür, Holz aus Namibia künftig in Hamburger Kraftwerken zur Energieerzeugung zu verfeuern. Ein entsprechender Bericht zusammen mit dem IFAS-Institut der Hochschule Trier enthält eine „Road Map“ zur Errichtung zahlreicher Biomasse-Industrieparks in Namibia und beschreibt den Ersatz der Kohle durch namibische Büsche in Hamburgs Kraftwerken wie dem Heizkraftwerk Tiefstack als zentrale Zielsetzung der „Biomasse-Partnerschaft“.

Das BMZ räumt ein, dass es durch die Ausdünnung des Buschbestands in Namibia zu einer klimaschädlichen Zunahme von Emissionen kommen könne. Diese sei aber, entsprechend der Sicht namibischer Stakeholder, geringer zu bewerten als der Erhalt der Biodiversität und die wirtschaftliche Nutzbarkeit von Flächen. Im Widerspruch dazu hatte das BMZ das Projekt 2017 mit dem kompletten Fördervolumen von zehn Millionen Euro zur Milderung von Klimaauswirkungen genehmigt.

Das BMZ beruft sich auf ein Statement von 13 namibischen vermeintlichen NGOs pro Nutzung und Export von Biomasse, darunter die Namibia Biomass Industry Group und AgriConsultNamibia. Dass es sich bei einem Großteil der Unterzeichnenden um Verbände und Lobby-Organisationen für Biomasse und Fleischindustrie handelt, die – ebenso wie das kritisierte Projekt – von der GIZ mitfinanziert werden, bleibt unerwähnt und intransparent.

„Eine an wirtschaftlichen Interessen der Biomasse- und Rinderzucht-Lobby orientierte Neuausrichtung des Projekts führt dazu, dass Gelder, die dem Klimaschutz dienen sollen, nun für andere Zwecke ausgegeben werden“, sagt Jana Ballenthien, Waldreferentin von ROBIN WOOD. „So wird Namibia durch die Unterstützung deutscher Entwicklungsgelder am Ende mit größeren Klimaschäden dastehen als vorher.“

Die Kritik der 40 Initiativen an der dem Projekt zugrunde gelegten UNIQUE-Studie entkräftet das BMZ nicht, sondern hält weiter an der mangelhaften Studie voller methodischer Fehler fest. Auf einschlägige wissenschaftliche Expertise zu den Folgen der großflächigen Entnahme von Holz aus den Savannen verzichtet das BMZ in seinem Schreiben. Eine Studie, die viele Falschzitate enthält und etwa geschützte Baumarten falsch als abholzungswürdig deklariert, stellt aber keine geeignete Projektgrundlage dar und sollte zurückgezogen werden.

ROBIN WOOD wird sich weiterhin gemeinsam mit weiteren Unterzeichner*innen des offenen Briefes an Minister Müller – darunter Ende Gelände Hamburg, Biofuelwatch, denkhausbremen und Deutsche Umwelthilfe – gegen das Verfeuern von Holz aus Namibia in Kraftwerken in Deutschland einsetzen. Die Energiewende darf nicht auf den Holzweg geführt werden!

Das BMZ steht in der Verantwortung. Es muss dafür sorgen, dass Entwicklungsgelder aus Deutschland so eingesetzt werden, dass sie den vereinbarten Zielen für mehr Klimaschutz, bessere Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung sowie einem stärkeren Schutz der natürlichen Ressourcen und der Artenvielfalt gerecht werden.

Quelle: ROBIN WOOD

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